Über BAM!

Berlin markiert international eines der wichtigsten Zentren zeitgenössischen Musiktheaters. Abseits seiner drei Opernhäuser entwickelte sich hier eine freie Musiktheaterszene, die ihres gleichen sucht. Nirgendwo gibt es eine größere Anzahl von Akteurinnen und Akteuren, Gruppen und Ensembles, die sich einem alternativen Musiktheater jenseits der Oper verschrieben haben. Weder in Wien, London, New York, Tokyo oder Amsterdam wird dabei wagemutiger experimentiert an neuer Verbindung von Klang und Theateraktion.

BAM! ist das Festival dieser freien Musiktheaterszene Berlins, ausgetragen und kuratiert vom Verein „Zeitgenössisches Musiktheater Berlin“, in dem sie sich vor drei Jahren zusammenschlossen hat. Mit vierzehn durchs Festival in Auftrag gegebenen Uraufführungen, mehr als dreißig Aufführungen und zwei Diskussionspanels liefert BAM! erstmals eine Plattform, die eine größere Anzahl von Akeur*innen der pulsierenden Berliner Szene zusammen führt. Unterschiedlichste Ansätze verbinden sich dabei zu einem Panorama kontrastierender Ausblicke auf ein Musiktheater unserer Tage.

BAM! findet statt an dreizehn Orten zwischen Oranienburger und Invalidenstraße in Berlin-Mitte, alle in Gehweite voneinander entfernt. Festivalgäste können von einer Aufführung zur nächsten taumeln und sich bis in den späten Abend in der Festival-Lounge begegnen.

Elemente von Performance Art, Installation und immer wieder auch solche des Immersiven vereinen sich bei BAM! zu Theaterformen, die ihren Fokus auf eine Sprache der Klänge richten, theatrale und musikalische Erfahrung miteinander verschmelzen. Theatergruppen treffen auf Musikensembles, die sich ins Interdisziplinäre wagen. Projekte, die den Weg zum Theater vom Idiom zeitgenössischer Musik her suchen, treffen auf solche, die zunächst vom Theater aus gedacht sind und sich der Dekonstruktion und Rekomposition von überbrachtem musikalischem Material verschreiben. Nicht zuletzt im gleichberechtigten Auftritt beider solcher Annäherungen findet BAM! ein Alleinstellungsmerkmal vor den wenigen anderen europäischen Festivals für zeitgenössisches Musiktheater.

Die Berliner Musiktheaterszene ist international. Ihre Akteurinnen und Akteure bringen Einflüsse von überall her mit ein. Trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten. Ein Kennzeichen geradezu aller präsentierten Projekte bildet die Sehnsucht, Grenzen herkömmlicher Professionalisierung zu überwinden und traditionelle Berufsbilder zu hinterfragen. Dies zeigt sich in den flachen Hierarchien und im Aufgaben-Sharing künstlerischer Teams. Es zeigt sich in der Tatsache, dass Komponist*innen oft mit gleichem Recht auch als bildende Künstler*innen und Regisseure in Erscheinung treten. Und es zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Musiker*innen sich in den meisten dieser Projekte ins „Fachfremde“ begeben, indem sie sich jenseits professioneller Absicherung ins Feld von Theaterperformern wagen.

Eine besondere Gemeinsamkeit aller Produktionen des Festivals bildet deren Bestreben, die abstrakte Formensprache des Musiktheaters der klassischen Avantgarde zu überwinden und zu Methoden eines selbstreflexiven neuen Erzählens zu finden. Unterschiedlichste Wege werden hierbei beschritten, fast immer richten sich vorhandene Narrative dabei auf soziale oder politische Problemstellungen unserer Zeit. Augenfällig dabei: Werden bei BAM! zwar keine Opern gespielt, setzt sich doch fast ein Drittel der Projekte auf diese oder jene Weise mit Oper auseinander. Nicht wenigen aus einer jungen Generation unabhängiger Musiktheatermacher*innen kommt es heute offenbar darauf an, zumindest auf Meta-Ebene eine Brücke über die Kluft zwischen Oper und neuem Musiktheater zu schlagen.

Einen wichtigen Impuls bezieht BAM! aus der Besonderheit seines Areals. Renommierte Spielstätten der freien Szene finden zusammen hier mit letzten Bastionen alternativer Subkultur von Berlin-Mitte und mit site-spezifischer Bespielung von öffentlichem Raum. Die freie Musiktheaterszene Berlins – so zeigt sich auch in diesem Zusammenhang – besitzt ein waches zeitpolitisches Bewusstsein: Mehrfach thematisieren die Arbeiten Geschichte und besonders die aktuelle Gentrifizierung dieses Viertels. BAM! wird so zu einem Festival nicht nur in, sondern auch über Berlin-Mitte.

Mit seiner freien Musiktheaterszene, die sich unserer unsicheren Gegenwart stellt und die Tradition europäischen Musiktheaters auf den Stand aktueller Theaterkunst bringt, besitzt diese Stadt ein besonderes kulturelles Pfund. Noch immer lebt diese Szene von der Hand in den Mund, und so rapide wie sie sich in den letzten Jahren entwickelte, so schnell kann sie ohne eine Renovierung vorhandener Förderstrukturen wieder verloren sein. BAM!s Anliegen ist, ihre faszinierende Vielgestaltigkeit einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

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ZMB – Zeitgenössisches Musiktheater Berlin